Deutschland zeigt sein hässliches Gesicht
Den Anfang machte die Taz Ende dieser Woche, als sie veröffentlichte, dass Greta Thunberg besser geflogen wäre, als mit der klimaneutralen Yacht Malizia II über den Atlantik zu schippern. Die Taz legte dabei ein abenteuerliches und völlig unlogisches Rechenexempel zu Grunde: Während Greta mit ihrem Vater und dem Filmemacher Nathan Grossman über den Atlantik segeln, würden 6 (!!) Crewmitglieder des Malizia-Teams nach New York fliegen, um die Schnellgeschwindigkeits-Hightech-Hochsee-Yacht später zurück zu segeln. Berechnet wurde, dass wenn nur Greta und ihr Vater geflogen wären, wären es nur 2 Flüge gewesen, während ja jetzt 6 Flüge wesentlich mehr CO2 ausstoßen würden.
Jeder, der auch nur einigermaßen logisch nachdenken kann, merkt sofort, dass an dieser äußerst dämlichen Rechnung – anders kann man es nicht bezeichnen – etwas nicht stimmt. Denn:
- Hätten Greta und ihr Vater wieder zurück fliegen müssen, wären es 4 Flüge gewesen und nicht 2.
- Ob Greta und ihr Vater, der Papst oder 6 Crewmitglieder in einem Linienflugzeug mit fliegen oder nicht ist eigentlich völlig egal, was den CO2-Ausstoß diese Fliegers betrifft. Denn CO2 stößt der Flieger auch ohne genannte Passagiere aus, denn er fliegt ja als Liniemaschine sowieso.
- Die Malizia segelt komplett klimaneutral. Das heißt sie stößt kein CO2 aus. Was soll dann bitte weniger sein als nichts? Weniger als nichts gibt es nicht.
Insofern ist es eine völlig blödsinnige Rechnung Flüge in einem Flugzeug, das ohnehin fliegt gegen eine klimaneutrale Segeltour über den Atlantik aufzurechnen und dann zu schreiben es wäre CO2 eingespart worden. Dämlicher geht es doch nimmer, oder?
Doch das ist bei genauerer Betrachtungsweise nicht das Einzige. Denn kaum hatte die taz dies veröffentlicht, zogen massig andere Nachrichtenblätter nach und veröffentlichen alle die gleiche dumme Rechnung und zogen sich das entsprechende Leser-Klientel an Klimawandelskeptikern und Greta-Hetzern in Scharen bei Social Media on board. Man zerriss sich das Maul ohne Ende! Gut gemacht taz und all die anderen. Eine Bravourleistung an seriöser Berichterstattung!
Alles erstunken und erlogen
Nicht nur, dass fast ausnahmslos alle Medienblätter diese dämliche Rechnung übernahmen, sie merkten nicht mal, dass die Angabe der 6 Crewmitglieder erstunken und erlogen war. Eine Meisterleistung deutscher seriöser(?) Journalistenarbeit!
Auch die Diskussion, die angeblich stattgefunden haben soll, die Jacht sei ja mit Carbonfasern gebaut worden, die ja aus Erdöl gewonnen werden und wäre deswegen scharf kritisiert worden ist auch erstunken und erlogen.
Was ich in meiner Recherche heute herausfand war, dass es einen (!!!) Artikel gibt, den jemand (wer auch immer) geschrieben hatte und den ein Großteil der Medien einfach übernahm und eins zu eins veröffentlichte, als Greta los fuhr. Deswegen steht in den meisten Medien das gleiche. Wort für Wort. Genauso, wie die Nummer mit den 6 zusätzlichen Crewmitgliedern, die anglich nach New York fliegen würden, um die Jacht zurück zu schippern.
Die Malizia – wesentlich mehr als nur ein teures Hightech-Geschoss
Was ausnahmslos in fast allen deutschen Mainstream-Medien fehlt und was mit der Grund war, warum Greta mit dieser Yacht fahren wollte ist, dass die Malizia-Crew wesentlich mehr macht, als im Affenzahn über die Meere zu rasen um Rennen zu gewinnen. Hier ein Text-Ausschnitt von der Webseite der Malizia:
"It is an initiative to help protect the marine environment, and fits into the Malizia Ocean Challenge which comprises three main pillars: sailing, science and education. “During all our sailing trips and races, we try to actively contribute to ocean research, particularly the impact of climate change on marine environments, by measuring CO2 and other sea surface data with our onboard laboratory. We publish the data collected and their results which are made available to the public and scientists.” Throughout the crossing, Greta has the opportunity to participate in this data collection."
"Es ist eine Initiative zum Schutz der Meeresumwelt und fügt sich in die Malizia Ocean Challenge ein, die drei Hauptpfeiler umfasst: Segeln, Wissenschaft und Bildung. „Während all unserer Segeltörns und Rennen versuchen wir, einen aktiven Beitrag zur Meeresforschung zu leisten, insbesondere zu den Auswirkungen des Klimawandels auf die Meeresumwelt, indem wir mit unserem Bordlabor CO2- und andere Meeresoberflächendaten messen. Wir veröffentlichen die gesammelten Daten und deren Ergebnisse, die der Öffentlichkeit und Wissenschaft zur Verfügung gestellt werden. “Während der gesamten Überfahrt hat Greta die Möglichkeit, an dieser Datenerhebung teilzunehmen."
Jeder, der sich zudem auf der Webseite ansieht, wie die Jacht gebaut ist, wird schnell feststellen, dass zusätzliche 6 Crewmitglieder gar keinen Platz hätten. Denn mit dem Skipper und dem Co-Skipper, müssten 8 Personen auf der doch recht kleinen Yacht zurück segeln. Die hätten kaum alle Platz auf Deck geschweige unter Deck.
Man liest auch, dass die Jacht mit recycelten Materialien gebaut wurde und man beim Bau darauf achtete, die Jacht weitestgehend klimaneutral zu bauen!
Die Redakteure der deutschen Medien, die fleißig von einander abschrieben und sich (fast) alle auf ein und die gleichen Meldungen gestützt hatten und diese ungeprüft übernahmen, hätten nur eins machen müssen: auf der Webseite der Malizia lesen!
Wer kein Englisch kann, nutzt dann eben den Google-Übersetzer.
Die Gegendarstellung - die RiffReporter
Ja, es gibt sie noch, wenn auch wohl nur noch vereinzelt: Journalisten, die ihre Arbeit ernst nehmen. Wie z.B. die RiffReporter. An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei der Facebook-Gruppe "Europäische Energiewende" bedanken und einer Userin, die mich auf das Interview der Riffreporter mit dem Malizia-Skipper Boris Hermann aufmerksam machte.
Hier Textauszüge des Interviews:
_____
Werden Sie Greta auch zurück nach Europa bringen?
Herrmann: Das ist noch offen und erst nächstes Jahr relevant, soweit ich weiß. Nach der Weltklimakonferenz im September reist Greta ja ausgiebig durch Nord- und Südamerika. Es steht noch nicht fest, wann sie zurückfährt und deshalb auch nicht mit wem. Wenn sich das ergibt, werden wir uns wieder anbieten, aber jetzt wollen wir erstmal gut ankommen....
[...]
Nach dem Trip mit Greta dreht sich bei Ihnen alles um die nächsten Rennen, vor allem das VendéeGlobe Race, bei dem es darum geht, allein um die Welt zu segeln. Was ist Ihr Ziel für dieses Rennen?
Herrmann: Überhaupt an den Start zu kommen, wäre der erste große Sieg, am Ziel anzukommen der zweite....
[...]
ERGÄNZUNG: In Medienberichten wie z.B. bei der taz war davon die Rede, dass die Segelreise von Greta Thunberg „mindestens sechs klimaschädliche Flugreisen über den Atlantik" auslöst. Wir haben das Team von Boris Herrmann dazu befragt und von seiner Mitarbeiterin Holly Cova folgende Antwort bekommen:
„Wir fliegen keine 5 Personen für die Rückreise zurück. Boris und Pierre haben diese Reise sehr kurzfristig in einen Zeitplan eingepasst, der schon vor Monaten vereinbart worden war. Sie brauchten Ruhe, und der Zeitplan zuließ nicht zu, dass sie selbst zurücksegeln würden. 4 andere Crewmitglieder werden das Boot zurücksegeln, zwei von ihnen werden bereits in den USA sein. Etwaige Flüge werden kompensiert.
Wir sind eines der wenigen IMOCA-Teams, das seinen gesamten CO2-Fußabdruck für 2018 analysiert hat, und wir kompensieren ihn vollständig. Wir werden dies auch für 2019 und später tun. Es gibt im Moment keine perfekte Reisemethode für eine vollständige CO2-Neutralität und auch der Ausgleich ist nicht ideal, aber wir glauben, dass es besser ist, als nichts zu tun, und wir versuchen, das Bewusstsein für dieses wichtige Thema zu schärfen. Der springende Punkt ist nicht, dass ein oder zwei unserer Mitarbeiter nicht fliegen oder nicht fliegen. Es geht darum, dass Greta für dieses Thema sensibilisiert und wir unser Bestes geben, um besser zu werden. Wir sind noch nicht perfekt, aber wir tun viel und werden weiterhin danach streben.“
_________
Somit ist klar warum ein Teil - also 4 Personen die Yacht zurück nach Europa segelt. Skipper und Co-Skipper steht ein wichtiges Rennen bevor. Das ist der Grund. Und nicht Greta, wie die taz und andere Blätter versuchten es darzustellen.
So, liebe taz. Auch ich gehöre zu dem zahlenden Klientel Eurer Leserschaft. Aber das hat jetzt ein Ende. Ich bin nicht bereit für schlecht recherchierte Berichterstattung zu bezahlen und schon gar nicht, dass mit meinem Beitrag und ist er noch so klein Umweltakivistinnen-Bashing betrieben wird.
Weiterführende Links:
Webseite Malizia: https://team-malizia.com/en/home/
Facebook-Gruppe Europäische Energiewende
Bildquelle: Team-Malizia
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